Aller guten Dinge sind drei: Erneut in Teheran

Diesmal ohne Vortrag, jedoch wieder in Begleitung und mit der Aussicht auf spannende Gespräche reiste Prof. Dr. Stefan Piasecki Ende Juli  erneut in den Iran.

Zur Vorbereitung neuer Kooperationen und zur Recherche für wissenschaftliche Publikationen gab es Begegnungen mit dem iranischen Computerspieleverband und der iranischen Altersfreigabeagentur für Computer- und Videopiele und der Universität Teheran.

Begleitet wurde er von zwei Studierenden und seinem Kollegen Dr. Karsten Jung sowie seiner Tochter.

Neben den fachlichen Gesprächen standen auch Besichtigungen und Kontakte im Vordergrund. Der positive Eindruck von Menschen und ihrem Alltag jenseits von Politik wurde erneut bestätigt.

Spannend war insbesondere der Besuch der seit Januar 1981 aufgegebenen US-Botschaft, die heute ein (geschlossenes) Revolutionsmuseum ist. An ihren Außenmauern finden sich einige der auch international immer wieder in Bildbänden publizierten Wandzeichnungen.

 

Der Detailblick bekundet jedoch auch den Wandel der Zeiten. Zwar propagiert der Slogan auf der Außenwand neben dem Seitentor den Untergang der USA, im Inneren der ehemaligen Pforte gibt es jedoch Snacks und Getränke zu kaufen, u.a. die amerikanische Pepsi…

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Jürgen Fritz rezensiert „Erlösung durch Vernichtung?!“

(متن به زبان فارسی در زیر ببینید)

Der Altmeister der deutschen Computerspieleforschung, der mit seinem Koautoren Wolfgang Fehr die Erforschung und öffentliche Rezeption von Computer- und Videospielen seit den späten 1980er Jahren maßgeblich prägte, hat die Habilitation von Prof. Dr. Stefan Piasecki rezensiert:

 

Entwickler von Videospielen im Fokus der Forschung

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Stefan Piasecki: Erlösung durch Vernichtung ?! Religion und Weltanschauung im Videospiel. Eine explorative Studie zu religiösen und weltanschaulichen Ansichten junger Spieleentwickler. Kassel 2016: Kassel University Press. 881 Seiten (152 Seiten Anhang). 69,00 Euro

Wer sind die Erschaffer von Videospielen? Wie denken sie? Welche Wertvorstellungen besitzen sie? Was bedeutet die Religion für sie? Wie stehen sie zu ihrer Arbeit? Um Antworten auf diese und weiter gehende Fragen zu finden, hat der Autor dieses Buches im Rahmen seiner Habilitation einen 68 Fragen umfassenden Fragebogen entwickelt und eine onlinegestützte quantitative Befragung durchgeführt. Für die Teilnahme an der Befragung konnten 59 Studierende gewonnen werden, die Spieleentwickler werden möchten.

Die Untersuchung ist sehr sorgfältig konzipiert und theoretisch fundiert. Die Ergebnisse sind durchaus lesenswert und geben einen guten Einblick in die Charakteristik der Spieleentwickler.

Einen guten Überblick bietet die Zusammenfassung (ab S. 727). Der empirische Teil des Buches steht zwar im Mittelpunkt, gleichwohl hat der Autor das thematische Umfeld seines Forschungsbereichs sehr umfassend, kenntnisreich und gut lesbar dargestellt.

Zunächst befasst er sich mit dem Themenkomplex „Videospiele“. Auf ca. 300 Seiten (S. 71 ff.) erörtert der Autor alle wesentlichen Aspekte, die mit den digitalen Spielen zusammenhängen: von den Begrifflichkeiten, der historischen Entwicklung, den Produzenten, der Marktentwicklung, den Strukturen und Inhalten, den Ausblicken auf die modernen Spielformen, den Spielern und ihren Präferenzen, der Bildsprache bis hin zu den Wirkungen der Spiele (Faszinationskraft, Motivation, Transfer). Sachlich und kompetent und fernab jeglicher „Political Correctness“ setzt sich der Autor auch mit den problematischen Aspekten dieses Mediums auseinander.

Er erläutert bedenkenswerte Entwicklungstendenzen und Gefährdungen, die über gängige Problematisierungen wie „Gewalt“ und „Sucht“ hinausweisen. So zeigt er z. B. auf, dass Spielgewohnheiten von den Herstellern der Spiele erfasst und genutzt werden und einen weiteren Schritt in Richtung auf einen „gläsernen Konsumenten“ darstellen können.

In Umfang, Vielseitigkeit und Kenntnisreichtum könnte dieser Teil des Buches durchaus für sich alleine stehen und einen lesbaren Band zur Einführung in die Welt der Videospiele abgeben. Er ist insbesondere für Leser geeignet, die sich einen umfassenden Überblick zu den Videospielen verschaffen möchten.

Als wenn dies alles noch nicht genug wäre, gibt es einen weiteren Bereich, den Piasecki kenntnisreich erschlossen hat: die Religion und die Religionspädagogik.

Ein Anliegen des Autors ist es, diese Bereiche mit den Videospielen zu verknüpfen. Es mag eine ungewohnte Fragestellung sein, welche Bedeutung die Religion und die Religionspädagogik für Videospiele haben könnten. Der Autor geht jedoch auch diesen Komplex kenntnisreich und kompetent an (S. 363 ff.). Dabei kennt er keine Denkverbote und moralischen Einengungen, sondern zeigt kritisch Wege auf, wie sich Videospiele in die Religionspädagogik einbeziehen lassen. Erhellend sind auch die Abschnitte, in denen der Autor kenntnisreich die religiösen Elemente in zahlreichen Videospielen aufzeigt und erörtert.

So besteht das Buch im Grunde aus drei Teilen, die auch für sich stehen könnten. Dem Autor gelingt es jedoch, diese drei Teile immer wieder miteinander zu verbinden und zu verknüpfen. Einfügungen, Verweise und Rückbezüge schaffen eine Klammer, mit deren Hilfe die Leser einfacher die möglichen Zusammenhänge erkennen und nachvollziehen können.

Doch wie nennt man einen Band mit diesem Umfang und dieser Vielfältigkeit? Das Begriffspaar „Erlösung und Vernichtung“ nutzt der Autor, um den Bezug der Videospiele zur Religion zu verdeutlichen (S. 427). „Erlösung und Vernichtung“ thematisiert eine zentrale Dynamik der Videospiele.

In der Tat geht es in den Spielen darum, Spielaufgaben und Spielforderungen zu erfüllen, um davon „erlöst“ zu sein. Zugleich sind die Spieler stets gefährdet und bedroht und müssen geschickt, klug und schnell agieren, um nicht „vernichtet“ zu werden.

Das Buch verbindet Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Berufslaufbahn des Autors (S. 45). Er war selbst interessierter Videospieler, hat in einer renommierten „Software-Schmiede“ gearbeitet und an der Entwicklung recht bekannter Videospiele mitgewirkt. Piasecki hat sich in dieser Zeit (und auch später) mit Fragen des Jugendmedienschutzes befasst. Er wechselte dann in die kommunale Sozialverwaltung, promovierte berufsbegleitend, um schließlich eine Professur an der CVJM-Hochschule anzutreten. Vor dem Hintergrund dieser Berufslaufbahn wird das Interesse des Autors an den unterschiedlichen Themen dieses Buches deutlich. Insofern stellt das Buch eine eindrucksvolle biografische Klammer zu den Tätigkeitsfeldern des Autors dar. Seine vielfältigen Erfahrungen und Kenntnisse machen den Umfang und die Qualität des Buches aus.

Prof. Dr. Jürgen Fritz

(Quelle: TV Diskurs 77, Heft 3-2016: http://fsf.de/data/hefte/ausgabe/77/rez-fritz-piasecki-weltanschauung-videospiel-tvd77.pdf)

 

 

نقد یورگن فریتس بر کتاب „نجات از نابودی“؟!

اشتفان پیاسکی / 16 سپتامبر 2016

  

پژوهشگر کهنه کار آلمانی عرصه بازی های کامپیوتری که همراه با نویسنده همکار خود ولفگانگ فِر از اواخر دهه 80 قرن 19 تاثیر بسزایی را بر روی تحقیق و پذیرش همگانی بازی های کامپیوتری و ویدیویی داشته ، بر روی رساله پسادکتری پروفسور دکتر اشتفان پیاسکی نقدی را به رشته تحریر در آورده است:

  

طراحان بازی های ویدئویی در مرکز توجه یک پژوهش

 

طراحان بازی های ویدئویی چه کسانی هستند؟ در ذهن آن ها چه می گذرد؟ چه چیزهایی ملاک عمل آن ها را تشکیل می دهد؟ مذهب برایشان چه اهمیتی دارد؟ نحوه ارتباط آن ها با کارشان چگونه است؟ نگارنده این کتاب برای یافتن پاسخ این سوالات و دیگر سوالاتی که در مورد این موضوع مطرح می شوند، در جریان نگارش رساله پسادکتری خویش، پرسشنامه ای مشتمل بر 68 سوال را طراحی کرد و یک نظرسنجی آنلاین را به مرحله اجرا درآورد. با کسب نظر موافق 59 دانشجوی علاقمند به طراحی بازی های کامپیوتری، این نظرسنجی به مرحله اجرا گذاشته شد.

این پژوهش به شکلی بسیار دقیق طراحی شده و پایه و اساس آن بر مبنای نظریات است. همچنین نتایج حاصل از آن بسیار خواندنی است و با توصیف طراحان بازی ها، شناختی کلی از آن ها را در اختیار مخاطب قرار می دهد.

دربخش جمع بندی نیز خلاصه خوبی از این کتاب ارائه می شود. (از صفحه 727) گرچه بخش تجربی محوریت این اثر را تشکیل می دهد، اما نویسنده در عین حال از نظر موضوعی مطالب موجود در بخش پژوهشی را مبسوط، استادانه و بسیار خواندنی بیان می کند.

او ابتدا 300 صفحه از کتاب را به موضوع „بازی های ویدئویی“ اختصاص می دهد (صفحه 71 به بعد) و طی آن تمام بخش های عمده مرتبط با بازی های دیجیتالی را مورد بحث قرار می دهد، از مفهوم، تغییر و تحولات تاریخی، تهیه کنندگان، تحولات بازار، دورنمای بازی های مدرن، ساختارها و محتواها، بازیکنان و اولویت های آنان و زبان تصویر گرفته تا تاثیرات بازی ها (قدرت جذب، انگیزه و انتقال). نویسنده به شکلی واقع گرایانه و مسئولانه و به دور از هر گونه „تصییح سیاسی“ جنبه های مشکل آفرین این ابزار را مورد بررسی قرار می دهد.

او به تشریح روند تحولات قابل تامل و خطرات شایان توجهی می پردازد که با مشکلات رایج همچون „خشونت“ و „اعتیاد“ مرتبط هستند. او به عنوان مثال نشان می دهد، که سازندگان بازی ها به این ترتیب به عادت های بازی بازیکنان پی می برند و می تواند قدمی دیگر به سمت تسلط بر بازیکن و کنترل او در این عرصه بردارند.

این بخش از کتاب به لحاظ حجم، تنوع و فراوانی اطلاعات از هر لحاظ به گونه ای است که می تواند به خودی خود مجزا از دیگر بخش ها محسوب شود. بخشی خواندنی به عنوان درآمدی بر دنیای بازی های ویدئویی. این کتاب بویژه برای آن دسته از خوانندگانی مناسب است که مایلند به شکلی وسیع بر بازی های ویدئویی اشراف داشته باشند.

اما چنانچه همه این مطالب نیز قادر به برآورده کردن انتظارات خواننده نباشد، پیاسکی بخش دیگری را نیز تحت عنوان „مذهب و تعلیم و تربیت مذهبی“ به مخاطب ارائه می کند.

نویسنده در این بخش در نظر دارد تا بازی های ویدئویی را با „مذهب و تعلیمات مذهبی“ مرتبط سازد. چه بسا طرح این سوال که مذهب و تعلیمات مذهبی در عرصه بازی های ویدئویی از چه اهمیتی برخوردار هستند،عجیب به نظر برسد. اما با این وجود نویسنده این موضوع پیچیده را نیز به شکلی استادانه مورد بحث قرار می دهد. ( صفحه 363 به بعد) او در این میان بدون در نظر قید بندهای فکری و اخلاقی به شکلی دقیق نشان می دهد چگونه می توان از بازی های ویدئویی در تعلیمات دینی استفاده کرد. در این میان پاراگراف هایی که نویسنده در آن ها به شکلی کارشناسانه عناصر مذهبی را در تعداد بسیار زیادی از بازی های ویدئویی نشان داده و به بحث در مورد آن ها می پردازد، به درک این موضوع کمک می کنند.

از توضیحات یاد شده می توان نتیجه گرفت که این کتاب در اصل مشتمل بر سه بخش است که هر یک می توانند به طور مستقل نیز مورد توجه قرار گیرند. با این وجود نویسنده موفق شده تا این سه بخش را به یکدیگر مرتبط سازد. در این میان وجود ضمایم، متمم ها و ارجاعات، به خواننده کمک می کنند تا ارتباطات ممکن را راحت تر شناسایی کرده و آن ها را درک کند.

اما برای کتابی با این حجم و با این تنوع مطالب چه نامی را می توان برگزید؟ نویسنده برای عنوان این اثر از جفت واژه «نجات و نابودی» استفاده کرده است تا ارتباط بازی های ویدیویی را با مذهب آشکار کند. (ص 427) «نجات و نابودی» به بحث و بررسی یک دینامیک اساسی بازی های ویدئویی می پردازد.

در اصل مساله ای که در بازی های ویدئویی مورد بررسی قرار می گیرد از این قرار است که بازیکن باید برای „نجات“ وظایف و خواسته های مطرح شده در بازی را به انجام برساند. در عین حال او پیوسته در معرض خطر و تهدید است و می بایست ماهرانه، زیرکانه و سریع عمل کند تا „نابود“ نشود.

این کتاب معلومات نویسنده و تجربه کاری او را به یکدیگر پیوند می زند. (ص. 45) نویسنده خود نیز از بازیکنان علاقمند به بازی های ویدیویی است که در یک شرکت معتبر فعالیت کرده و جزو طراحان برخی از بازی های مشهور ویدیویی به شمار می رود. پیاسکی هم اینک (و نیز سابق بر این) با موضوع حمایت از حقوق رسانه ای نوجوانان سر و کار دارد. زمینه بعدی فعالیت وی مدیریت اجتماعی شهری بود، در ضمن کار به نگارش رساله پسا دکتری خود پرداخت و در نهایت در سمت استاد در مدرسه عالی „سی وی یت ام“ مشغول به تدریس شد.

با توجه به تاریخچه شغلی نویسنده، علاقه وی نسبت به موضوعات مختلف این کتاب آشکار می شود. تا آنجا که این کتاب فهرستی درخشانی از حوزه های فعالیت نویسنده در طول زندگی اش را به نمایش می گذارد.

حجم و کیفیت کتاب هم برگرفته از تجربیات متنوع نویسنده و اطلاعات وی است.

پروفسور دکتر یورگن فریتس

(اشتفان پیاسکی: نجات از نابودی؟! مدهب و بینش جهانی در بازی های ویدئویی. بررسی پژوهشی دیدگاه های مذهبی و بیتش های جهانی بازی سازان جوان. کاسل 2016. انتشارات دانشگاه کاسل. 881 صفحه (152 صفحه ضمیمه) . 69 یورو.)

  

مترجم: آزاده نیازاده

Imam Ali Foundation – Soziale Arbeit für Kinder in Karaj

Für Studenten der Sozialen Arbeit ist es immer spannend zu erfahren, wie verschiedene soziale Einrichtungen arbeiten. Umso spannender ist es natürlich zu sehen, wie Soziale Arbeit außerhalb von Deutschland und Europa aussieht. Als wir unsere Überlegungen dazu geäußert haben, ein soziales Projekt im Iran zu besuchen, wurde uns die Imam Ali’s Popular Student Relief Society empfohlen. Das Projekt hat allein sechs Standorte in Teheran. Mit einem Blick auf die Karte und die Website, fiel unsere Wahl zum Besuch auf ein „Iranian House“ in Karaj, einer Stadt mit 1,96 Millionen Einwohnern westlich von Teheran.

 

Karaj House

Wir waren uns nicht sicher, was uns in Karaj erwarten würde. Allerdings waren wir im Vorhinein von der Koordinatorin mehrfach vorgewarnt worden, uns nicht alleine in dem Stadtteil aufzuhalten, da die Iranian Houses mitten in den bedürftigsten Stadtteilen lägen, in denen man es nicht gewohnt sei, Touristen zu sehen. Außerdem wurden wir auch mehrfach darauf hingewiesen, dass es gut wäre, wenn uns einige Iraner begleiten würden, damit wir in dem Stadtteil sicher seien. Auch die Kleiderregeln, insbesondere für uns Frauen, legte die Koordinatorin uns nochmals besonders ans Herz, damit wir so wenig Aufsehen wie möglich erregten. Entsprechend machten wir uns mit gemischten Gefühlen auf den Weg zu dem Haus, das versteckt inmitten dem Wirrwarr an kleinen Straßen lag, durch die auch der Taxifahrer zunächst den Weg nicht fand.

img_2013Erst einmal angekommen, klopften wir beherzt an die blau-weiße Tür, die in eine Mauer eingelassen war. Erst einmal in den durch die Mauer geschützen Vorhof geschlüpft wurden wir von den Mitarbeiterinnen und Kindern herzlich begrüßt und von den Kindern mit offener Neugier gemustert und bis zum Haus verfolgt und begleitet. In Karaj House kümmern sich die Mitarbeiterinnen um Kinder aus zerrütteten Verhältnissen, die teilweise Waisen sind, teils aus Familien kommen, in denen die Eltern drogenabhängig sind. Nicht selten werden die Kinder so zur Arbeit gezwungen (zum Beispiel zum Verkauf von Wasser in den U-Bahnen oder Arbeit auf Feldern), entweder um zu überleben oder um die Drogensucht der Eltern zu finanzieren.

In Karaj House werden die Kinder jeden Tag mit kostenlosem warmen Essen versorgt. Außerdem wird die Gesundheitsversorgung durch Ärzte sichergestellt. Die Kinder werden außerdem psychologisch betreut. Einen Hauptteil der Arbeit in Karaj House macht das „Teaching Love Program“ aus, indem die Kinder spielerisch unterrichtet werden und so Bildung erhalten. Genauso sind Theater, Musik und Kunst feste Bestandteile in Karaj House. um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Die Mitarbeiterinnen haben uns Bilder gezeigt, die die Kinder auf Glas gestaltet haben und die regelmäßig auf Märkten zum Verkauf angeboten werden. Das eingenommene Geld geht zu 100% an die Kinder, bzw. deren Familien, wobei mit den Familien vereinbart wurde, dass dieses Geld nur für die Bedürfnisse der Kinder aufgewendet werden darf.

img_2011Waisenkinder werden in den Häusern aufgenommen, die Kinder aus Familie kommen nur für das Programm und gehen danach wieder zu ihren Familien. Allein in Karaj House sind ca. 110 bis 200 Kinder und es helfen 100 bis 150 ehrenamtliche Mitarbeiter. Besonders berührt hat uns der liebevolle Umgang der Mitarbeiter mit den Kindern und die Bemühungen, dass sie nicht als mittellose bedürftige Kinder dargestellt werden, sondern dass sie wertvolle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter sind.

Die Frage in der Sozialen Arbeit ist natürlich immer, wie man den Erfolg misst. Genau wie bei uns ist das auch im Iran nicht einfach. Was definitiv als Erfolg verbucht werden kann, sind Geschichten wie die von Mina, deren Eltern selber drogensüchtig waren. Heute studiert sie Buchhaltung und engagiert sich ehrenamtlich bei der Imam Ali Society. Auch die Geschichten von ehemaligen Kinderarbeitern, die bei der Imam Ali Society landen und es schaffen, in die Universität zu kommen und zu studieren sind Erfolge der Society.

Besonderes Highlight nach unserem gefühlten sehr kurzen Besuch in Anbetracht der vielfältigen Arbeit war auch das gemeinsame Gruppenfoto mit den Kindern und Mitarbeiterinnen aus Karaj House.

Was wir von unserem Besuch mitgenommen haben, ist, dass iranische Soziale Arbeit, zumindest bei der Imam Ali’s Popular Student Society, sich im Grunde nicht von Sozialer Arbeit in Deutschland unterscheidet und mit Sicherheit ein unterstützenswertes Projekt ist, das eine wichtige und beeindruckende Arbeit genau dort leistet, wo sie nötig ist.

 

Iranian Houses – die Unterstützungshäuser

img_2012Die Vision für die Iranian Houses ist es, „ein Zufluchtsort für jeden iranischen Bewohner zu sein, der unter Verfolgung und Armut leidet. Sie sind die Quelle der Hoffnung für jeden Menschen, der Schwierigkeiten in seinem Leben hat, aufgrund von Mängeln und Defiziten. Sie habe ihre eigene iranische Identität, die sich aus reiner Hoffnung, Brüderlichkeit, Frieden und Zuneigung zusammensetzt“ (original Zitat in Englisch aus der Stiftungsdokumentation). In den Iranian Houses findet die Hauptarbeit der Society statt.
Bevor die Häuser gegründet werden, macht sich die Society für längere Zeit (bis zu einem Jahr) mit Kontaktarbeit im Stadtteil bekannt, um das Vertrauen der Bewohner zu bekommen und arbeiten zu können, ohne das die Eltern ihren Kindern verbieten zu dem Projekt zu gehen.

 

Imam Ali’s Popular Student Relief Society

Das Projekt wurde 1999 von Sharmin Meymandinejad, einem Lehrer der Sharif University of Technology, gegründet und bestand zunächst aus Sharmin Meymandinejad und einigen Studenten der Sharif University. Die Vision der Society ist eine gesunde internationale Gesellschaft, die auf Menschenrechten, Chancengleichheit, Recht und Ehrlichkeit basiert und sich auf die Bedürfnisse von Kindern fokussiert.

Das Hauptziel der Society ist es, Armut zu reduzieren. Die Hauptprojekte auf dem Weg dahin sind

  1. Etablierung und Eröffnung von „Iranian Houses“
  2. Programme zur Verteilung von kostenlosem Essen
  3. Programme zur Bildung
  4. Kinderrechte
  5. Frauenrechte
  6. Programme zur Gesundheitsversorgung
  7. „Happiness Festivals“
  8. Programme zur Familienhilfe insbesondere bei Drogen und Sucht
  9. Programme für Kunst und Sport.

 

Das Projekt möchte bewusst unabhängig sein und finanziert sich nur durch Spenden. Von den Lehrern, über die Ärzte und Techniker bis hin zur NGO engagieren sich alle komplett ehrenamtlich.

(Linn Kaßner)

Matin Lashkari – Portrait über eine inspirierende Bloggerin

 

(English version please see below)

Warum wir eine Bloggerin trafen…

Vorneweg gesagt: Als perfektionistisch veranlagte Persönlichkeit, der es wichtig ist, nicht nur als Touristin unterwegs zu sein, sondern auch die Kultur des jeweiligen Landes so gut wie möglich kennenzulernen, bedeutet eine Reise für mich, sich vorher so gut wie möglich über Sitten und Bräuche des Ziellandes zu informieren. Die Chance in den Iran zu reisen hieß für mich persönlich daher nicht nur Reiseberichte anderer zu lesen, sondern mich auch im Vorhinein bei „echten Iranern“ darüber zu erkunden, was man unbedingt vermeiden sollte, um nicht in jedes Fettnäpfchen zu treten. Neben der Beratung durch unsere Freunde aus der Deutsch-Iranischen-What’sApp-Gruppe habe ich daher beschlossen, auch das nahezu allwissende Internet zu befragen.

matins-blogBei meiner ersten Recherche bin ich zum Glück schon auf Gold gestoßen: „Travestyle – Tales of a Persian“, heißt der Blog, den Matin Lashkari, eine gebürtige Iranerin und in Teheran lebende freischaffende Grafikdesignerin betreibt, die nebenher über ihre Reisen im Iran und der Welt schreibt. Der Hauptfokus ihres Blogs liegt allerdings tatsächlich auf dem Iran, wobei sie hier nicht nur Reiseziele beschreibt, sondern vor allem Tipps für potenzielle Touristen für ihre Iranreise gibt. Unter den für mich sehr hilfreichen Artikeln waren also nicht nur „A girl’s guide for dressing up in Iran“ (übrigens ihr meist gelesener Artikel), sondern auch „16 ways to humiliate yourself in IRAN“ (ein Post über die dos und don’ts in der persischen Kultur).

Ihre Posts über verschiedene Orte haben definitiv viel Lust auf die Reise in den Iran gemacht und hier insbesondere der Post über Geheimtipps und unbekannte Orte, unter anderem in Teheran, die viele Iraner selber nicht kennen.

Beim Lesen des Blogs habe ich herausgefunden, dass Matin nicht nur den Blog als „Nebentätigkeit“ schreibt, sondern außerdem im Administratorenteam der Facebook Gruppe „See you in Iran“ ist (eine Gruppe, die von Radio Schweden vor Kurzem als sehr hilfreiche Plattform empfohlen wurde, wenn man auf der Suche nach Touristeninformationen über den Iran ist), als offizielle Fremdenführerin im Iran und als Mitbegründerin der „Persian Food Tours“ aktiv ist, einem Angebot für Touristen, bei dem gemeinsam auf dem Bazar eingekauft wird, um anschließend traditionelle persische Gerichte zuzubereiten und diese am Ende in einem gemeinsamen Essen zu probieren.

Offensichtlich also mehr als ein Grund, weshalb der Gedanke, Matin persönlich zu treffen und kennenzulernen immer faszinierender wurde, und umso besser, dass Matin tatsächlich zugestimmt hat, sich mit unserer kleinen Gruppe zu treffen.

img_1174Matin hat vorgeschlagen das wir uns im „Negarestan Garden“ treffen, einem versteckten Juwel inmitten der vollen und staubigen Straßen von Teheran und einer ihrer Lieblingsplätze. Ein Garten auf dem Gelände des ersten Kunstinstituts der Universität Teheran, mit einem wunderbaren Café, das typisch Iranische Speisen anbietet.

Nach dem Treffen kann ich sagen, dass Matin eine wunderbare und inspirierende junge Frau ist, die uns allen durch ihre offene und herzliche Art ein entspanntes Zusammensitzen und Plaudern ermöglicht hat, obwohl wir letztlich mit etwa 10 Personen dort waren. Wir haben von Matin erfahren, dass sie in fünf Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten groß geworden ist (unter anderem hat sie längere Zeit in Australien, Japan und Portugal gelebt) und dass ihr Travestyle Blog nicht ihr erster Blog ist, sie diesen aber begonnen hat, weil sie das Reisen und das Schreiben liebt. Während ihrer Zeit in Japan als Teenagerin hat sie einen Blog über ihr Alltagsleben als Iranerin in einer fremden Kultur geführt, der sehr viele Leser hatte. Nach eigener Aussage deutlich mehr als ihr jetziger Blog, was ihr aber nichts ausmacht. Inspiriert von dem Gespräch und der Zeit in Negarestan Garden habe ich Matin anschließend noch einige Fragen geschickt, die sie mir sehr ausführlich und freundlich beantwortet hat.

(Linn Kaßner)

 

Email-Interview mit Matin

 

Deine Liebe fürs Reisen – Glaubst du, das diese daher kommt, dass du in 5 verschiedenen Ländern aufgewachsen bist?

 Das hatte mit Sicherheit einen starken Einfluss darauf, aber ich habe erst wirklich angefangen das Reisen zu schätzen, als ich deutlich älter war. Ich war schon immer sehr neugierig und ich denke, durch die Umstände habe ich gelernt mit Menschen aus anderen Hintergründen zu kommunizieren. Das Kommunizieren fällt mir leicht und ich schließe Freundschaften innerhalb von Minuten, was in mir die Leidenschaft geweckt hat, in andere Kulturen zu tauchen und mich unter die Einheimischen zu mischen, was immer ein sehr großer Teil meiner Reisen ist.

 

Warum hast du beschlossen zurück in den Iran, insbesondere Teheran, zu ziehen?

„Zuhause“ beginnt seine Bedeutung zu verlieren, wenn man immer unterwegs ist. Heutzutage, wenn ich in ein anderes Land ziehe, wenn ich einmal die Sprache kenne und verstehen kann, worüber sich die alten Damen im Bus beschweren, fühle ich mich zuhause. Ich beginne eine Beziehung mit dem Ort einzugehen und lasse einen Teil meines Herzens dort, wenn ich gehe. Aber Teheran ist mein erstes und wahres Zuhause und wird es immer bleiben. Es ist der eine Ort, an dem ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe. Ich habe eine tiefe Verbundenheit zu dieser eher hektischen Stadt und habe völliges Heimweh, wenn ich weg bin. Ich bin zurück gezogen, weil ich anfangen wollte zu arbeiten und Europa tief in seiner Krise steckte. Ich wusste, dass ich hier deutlich mehr Möglichkeiten für Arbeit finden würde und lag damit nicht falsch. Nicht zu vergessen, dass ich eine Menge wichtigerer Gründe hatte, wie meine Familie und Freunde allen voran.

 

Ich erinnere mich, dass du sagtest du hast deinen Blog angefangen, weil du das Schreiben liebst und den Blog geliebt hast, den du damals in Japan geführt hast. Wann und Warum bist du dazu übergegangen, diesen hauptsächlich über den Iran zu schreiben?

 Ja, ich war schon immer sehr vertraut mit der Welt des Bloggens und hatte eine sehr bekannten Blog während meiner Teenagerzeit. Ich merke, dass ich mich besser ausdrücken kann wenn ich schreibe. Außerdem ist das der Weg, wie ich meine Emotionen ausschütte und eine Art Erleichterung erfahre. Aus diesem Grund führe ich ein Tagebuch. Ich wurde dazu inspiriert über das Reisen zu schreiben, wegen all der Reiseblogs die ich selber gelesen habe. Ich habe schon immer Millionen von Fotos gemacht wann immer ich irgendwo hingereist bin und habe eine Menge Nachforschungen betrieben, damit ich verstehen würde, was ich wohl sähe. An einem Punkt habe ich also gedacht, warum sollte ich das nicht einfach mit anderen teilen? Der Blog ist dazu übergangen, hauptsächlich über den Iran zu sein, als ich zurück gezogen bin. Ich habe mich sehr schuldig gefühlt, mich in meinem eigenen Land so wenig auszukennen, so das später alle meine Reisen innerhalb des Irans waren. Und dementsprechend auch meine Blogposts.

 

Warum glaubst du, wird der Iran momentan so ein beliebtes Reiseziel? Für Deutschland kann ich mir vorstellen, dass es am Buch „Couchsurfing im Iran“ liegt, aber hast du eine Idee was diese Veränderung gebracht hat? Oder gibt es gar keine Veränderung und ich bilde mir das nur ein?

 Ich vermute, dass es viel mit den letzte Präsidentschaftswahlen und Atomvereinbarungen zu tun hat. Dass ein reformerischer Präsident gewählt wurde hat irgendwie dazu geführt, dass die Welt doppelt über den Iran nachgedacht hat. Das Land hat eine Menge an Aufmerksamkeit erhalten und zum ersten Mal war diese nicht nur dunkel und negativ. Menschen haben angefangen neugierig zu werden und junge Iraner haben die Möglichkeit ergriffen der Welt eine andere Seite des Irans zu zeigen, was bis zu dem Zeitpunkt eher vernachlässigt worden war. Plattformen wie die „See you in Iran“ Facebookgruppe wurden ins Leben gerufen und mehr junge Menschen haben angefangen das Land zu bereisen und jeder hatte das Gefühl die Pflicht zu haben ein Botschafter für den Iran zu sein, sobald sie wieder zuhause waren. Ich denke es lag wirklich an den Medien und Mund-zu-Mund-Propaganda.

 

Du hast außerdem die „Persian Food Tours“ mit ins Leben gerufen. Wie bist du auf die Idee gekommen? Können Alleinreisende diese immer noch buchen, oder ist dies mittlerweile ausschließlich über Reiseagenturen möglich? Mit wie vielen Agenturen arbeitet ihr zusammen?

 Ich habe ähnliche Touren in Europa gesehen und wusste, dass die persische Küche viel zu bieten hat. Ich habe Ausländer darüber schwärmen gehört. Aber bei meinen Reisen durch den Iran habe ich schnell festgestellt, dass unsere Restaurantkarten ziemlich beschränkt sind. Das echte persische Essen wurde zuhause gekocht und wir mussten es ins Rampenlicht stellen. So habe ich meine Partnerin gefunden – Shirin. Wir waren der Meinung, dass wir dies gemeinsam perfekt hinbekommen würden. Wir haben gerade erst damit angefangen und da es etwas sehr neues im Iran ist müssen wir alles selber erfahren und lernen. Für den Moment beschränken wir uns auf Reiseagenturen oder Alleinreisende. Auch wenn dies ein Unternehmen ist, haben wir unsere kulturellen Bedenken. Es gibt ein paar Reiseagenturen mit denen wir Vereinbarungen getroffen haben, aber da diese gerade ihre Pläne für das kommende Jahr erstellen, müssen wir uns gedulden.

 

Wie bist du dazu gekommen Grafikdesignerin zu werden? Warum hast du beschlossen in Lissabon zu studieren? Ist der Abschluss in Lissabon ein anderer als der, den du in Teheran gemacht hast – also hast du zwei Qualifikationen?

 Ich habe meinen Schulabschluss in Mathematik gemacht. Ich wollte immer Architektin werden. Aber ich hatte seit Kleinauf eine sehr starke künstlerische Ader in mir. Ich habe gezeichnet, gemalt, DIY gemacht und auch Klavierstunden genommen. Aber ich wurde immer angestoßen Ingenieurin zu werden und die Kunst eher nebenher statt zum Fokus zu machen. Aus irgendeinem Grund hält die iranische Gesellschaft mehr von dir, wenn du einen Ingenieurtitel auf deinem Zeugnis stehen hast. Ich bin tatsächlich der Meinung, dass es heutzutage um einiges cooler und schicker ist, Designerin zu sein, aber erzähl das mal meiner Großmutter! An einem Punkt habe ich also beschlossen, dass ich das tun muss, was ich liebe, oder ich werde es für den Rest meines Lebens bereuen. Ich war kreativ und Vielfalt war ein großer Teil meines Lebens, seit meiner Geburt an. Ich wusste, dass alles, was an Vielfalt mangelt, ein Griff um meinen Hals war, der meine Kreativität erwürgen würde, also habe ich den Mut gefunden allen zu sagen, dass ich stattdessen Kunst studieren wollte. Ich habe mein Studium aus dem Iran in Lissabon fortgesetzt, aber im Grunde bedeutete das, nochmal von vorne anzufangen, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich die Dinge in beiden Ländern gelehrt werden. Lissabon war nicht unbedingt meine Entscheidung. Ich bin dort mit meiner Familie hingezogen und so ist es gekommen.

 

Ich habe mir auch deine Zeichnungen angesehen (die übrigens sehr schön sind!). Warum liebst du es so sehr, den menschlichen Körper und Gesichtsausdrücke zu zeichnen?

 Ah, Danke. 🙂 In der Kunstschule wird dir erzählt dass du nahezu alles zeichnen kannst, wenn du den menschlichen Körper zeichnen kannst. Also ist es eine Herausforderung und ich liebe es, eine gute Herausforderung anzunehmen! Außerdem finde ich es viel unterhaltsamer als beispielsweise die Natur oder Stilleben zu zeichnen. Du gehst eine Verbindung mit dem Modell ein, insbesondere wenn du ein Portrait zeichnest, weil du den Ausdruck genau richtig hinbekommen möchtest. Es ist eine Weile her, seit ich mein letztes Portrait gezeichnet habe und ich vermisse es so sehr. Ich würde sofort anfangen, wenn es so einfach wäre jemanden zu finden, der eine gute Stunde für dich posiert. 🙂

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Ich würde dich als sehr moderne und emanzipierte junge Frau beschreiben. Der Artikel im Generalanzeiger Bonn beschreibt dich auch als solche. Stimmst du dem zu? Oder würdest du dich selbst eher anders beschreiben?

 Haha! Das ist definitiv schön zu hören und ich würde dem ungern komplett widersprechen. In einem jungen Alter so viel herumzureisen, verschiedene Schulen zu erleben, verschiedene Sprachen und Menschen, ständig Freunde zu verlieren, von geliebten Menschen weggerissen zu werden und mit Werten aufzuwachsen die so unterschiedlich voneinander sind, lässt dich irgendwann in eine Identitätskrise kommen. Du beginnst, Dinge zu hinterfragen und das ist nicht schön als Kind. Aber wenn du es schaffst herauszufinden wer du bist und einen festen Charakter zu entwickeln, dann wirst du nahezu unveränderlich. Du gibst weniger darauf, was andere Menschen denken und glaubst, dass du dein eigenes Leben auf deine eigenen Art und in deinen eigenen Umständen leben solltest, oder du hast versagt. Das war der Fall für mich, Ich glaube an das, was ich glaube und kämpfe dafür mit all meiner Kraft. Ich weiß nicht, wie modern ich bin oder was die Kriterien sind, die man erfüllen muss, um in diese Gruppe zu gehören, aber ich bin mit Sicherheit keine Frau, die Konventionen folgt, weil sie da sind. Ich glaube, es ist meine Pflicht, unnötige Schranken und Vorurteile zu durchbrechen, selbst wenn ich dafür einen Preis zahlen muss. Wenn ich es nicht tue, sind es meine Kinder, die sich damit auseinandersetzen müssen. Und das ist definitiv nicht das, was ich will.

(Das Interview führte Linn Kaßner)

 

Nützliche Links:

Matins Blog:

http://www.travestyle.com

Persian Food Tours:

http://persianfoodtours.com/index.html

 

Bericht zu Matin im Bonner General-Anzeiger:

http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/Dies-ist-eine-Zeit-der-Chancen“-article3265816.html

 

img_3010Literaturtipp:
Sreberny, Annabelle / Khiabany, Gholam (2011):

Blogistan. Politik und Internet im Iran,

Hamburg: Hamburger Edition

 

 

 

 

 

 

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Matin Lashkari – Portrait on an inspiring blogger

Note ahead: I am a rather perfectionistic person, who feels that it is important to not only travel as a tourist, but to get to know the culture of the respective country as good as possible. This means to me to find out as much as possible about the manners and customs of the destination before the actual journey. Therefore the possibility of traveling to Iran didn’t mean to me to just read travel reports of others but to also ask ‚real Iranians‘ on what to definitely avoid in order to not make a fool out of myself. So, apart from the advise from our friends from the german-iranian-what’sApp-group, I decided to also ask the almost omniscient internet. Luckily I hit gold while doing my first research: ‚Travestyle – Tales of a persian‘, is the blog of Matin Lashkari, a born Iranian and in Tehran living freelancing graphic designer, who at the same time blogs about her travels in Iran and the world. Nowadays her blog actually focuses on Iran, where she does not only describe her destinations but especially gives advice for potential tourists traveling Iran. Within the very helpful articles therefore wasn’t only ‚a girl’s guide for dressing up in Iran‘ (by the way her most popular article), but also ‚16 ways to humiliate yourself in IRAN‘ (a post giving you the dos and don’ts of the Persian culture). Her posts definitely made me look forward to the journey to Iran, especially her post on hidden gems and places that even many Iranians don’t know in Tehran amongst other cities. While reading the blog I found that Marin doesn’t only write the blog as a ‚part time job‘, but also is an admin of the Facebook group ‚See you in Iran‘ (a group which has recently been recommended by radio Sweden as a very helpful platform if you are looking for tourist information on Iran), official tour guide in Iran and co-founder of ‚Persian food tours‘, an offer for tourists to go grocery shopping on a Bazar, cook traditional persian food together and in the end try all the food.

Obviously more than one reason the thought of meeting Matin in person became a very fascinating one. The better Matin actually agreed on meeting with our little group.

img_1179Matin suggested to meet at ‚Negarestan Garden‘, a hidden gem in the middle of the crowded and dusty streets of busy Tehran, with a nice café offering traditional Iranian treats.

After this meeting I can say, that Matin is a wonderful and inspiring young woman, who enabled our after all not-so-small-group of 10 people a very relaxed time and chat together. We learned from Matin that she grew up in five different countries on 3 different continents (including longer stays in Australia, Japan and Portugal) and that her Travestyle blog is not her first one but that she started it because she loves traveling and writing. While living in Japan in her teenage years she did write a blog about her everyday life as an Iranian living in a foreign culture, which has had a lot of followers and was (according to Matin) clearly more popular than her blog now, which doesn’t bother her though. Inspired by the good conversation and our time in Negarestan Garden I did send Matin some more questions afterwards which she answered very detailed and friendly.

(Linn Kaßner)

 

Email-interview with Matin

Your love for traveling – Do you think it’s because you grew up in five different countries? 

That certainly had a profound impact on it, but I really only started to appreciate it once I was much older. I’ve always been very curious and I guess due to the circumstances I have learned my lesson in communicating with people from other backgrounds. I communicate easily and make friends in minutes, so that has made me very passionate about melting into different cultures and mingling with locals which always makes a very prominent part of my travels.

 

Why did you decide to move back to Iran and especially Tehran? 

Home starts to lose its meaning when you’re constantly on the move. Nowadays if I move to another country, once I know the language and can pick up what the old ladies on the bus are complaining about, I feel like I’m home. I start to create a relationship with the place and leave a piece of my heart there once I leave. But Tehran is my first and true home and it always will be. It’s the one place I’ve spent most of my life in. I have deep attachments to this rather hectic city and feel thoroughly homesick when I’m away. I moved back because I wanted to start working and Europe was deep in its crisis. I knew I was going find a lot more opportunities here and I wasn’t wrong. Not to mention that I had a lot more valuable reasons such as my family and friends to start with.

 

I remember you said that you started a blog, because you loved writing and did love the blog you had in Japan before. So you did start a traveling blog. When and why did you shift it to be mostly on Iran? 

Yes, I’ve always been very familiar with the blogging world and used to have a very popular blog back in my teenage years. I find myself to be able to express myself better in writing. It’s also where I pour out my emotions and receive a sense of relief. I keep a journal for that sake.

I got inspired to write about travelling because of all the travel blogs I was reading. I would always take a ton of photos whenever I visited somewhrte and did quite a lot of research to have a better understanding of what I was about see. So at some point I thought, why not just share it with everyone else? It really shifted to mostly centered around Iran when I moved back home. I felt very guilty about not being very well-travelled in my own country and so all my later travels were within Iranian territory. Consequently so were my blogposts.

 

Why do you reckon that Iran is becoming such a prominent traveling spot at the moment? For Germany I can imagine it’s the couch surfing in Iran book, but do you have an idea what brought the shift? Or is there a shift at all or is it just me imagining it? 

I suppose it has very much to do with the latest presidential elections and nuclear agreements. Electing a reformist president somehow made the world to think twice about Iran. The country received a lot of attention and for the first time it wasn’t all dark and negative. People started getting curious and young Iranians snatched the opportunity to show the world another side of Iran that was pretty much neglected up until then. Platforms such as ‘See You in Iran’ facebook group were created, more young people started visiting the country and each of them felt they had an obligation to be an ambassador of Iran once they’ve got back home. It’s really been the media and word of mouth I assume.

 

You also set up persian food tours – how did you get this idea? Are individual travelers still welcome to book this with you or is this reserved for people booking via travel agencies now? How many agencies do you work with?

I had seen similar tours around Europe and I knew Persian cuisine had lots to offer. I had seen foreigners swooning over it. But travelling through Iran, I quickly realized our restaurant menus are extremely limited. The real Persian food was being cooked at home and we needed to give it the spotlight. That’s when I found my partner, Shirin and thought we could work this out perfectly. We have only started and since this is something very new in Iran we need to experience and learn everything ourselves. For now we are not limiting ourselves to agencies or individual travellers. While this is a business, we have our cultural concerns. There are couple of agencies we have made agreements with, but since they make all their new plans for the upcoming year, we need to be patient about it.

 

What made you decide to become a graphic designer? Why did you decide to study in Lissabon? Is the bachelor degree in Lissabon another one than the bachelor degree you did in Tehran (meaning: do you have two qualifications?)

I majored in mathematics back when I was in school. I had always wanted to be an architect. But I had a very profound artistic side in me since very young. I did drawing, painting, DIY and I was also taking piano lessons. but I was always pushed to becoming an engineer and keeping art on the side rather than the focus point. Somehow the Iranian society thinks more of you if you’ve got an engineering title on your degree. I actually think being a designer is way more cooler and chic these days, but tell that to my Grandmother! So at some point I decided I needed to do what I love or I’m going to regret it for the rest of my life. I was creative and variety had been a big part of my life ever since I was born. I knew anything lacking diversity was going to be a grip around my neck and strangle my creativity and so I found the guts to tell everyone I wanted to study art instead. I continued my studies from Iran in Lisbon, but it basically meant doing it almost all over again considering how different things were taught in both countries. Lisbon was not necessarily my choice. I moved there with my family and so that’s how things went.

 

I also checked out your art work (absolutely beautiful by the way!) – Why do you like drawing the human body and facial expressions so much? 

Why thank you. 🙂 In art school they tell you that once you can draw the human body, you can draw almost anything. So it’s a challenge and I love to accept a good challenge! I also just find it a lot more amusing than for instance drawing nature or still-life. You create a connection with the model specially if you’re doing a portrait because you want to get the expression right. It’s been quite a while since I drew my last portrait and I miss it so bad. I would get right into it if it was that easy to find someone to pose for you for a good hour. 🙂

 

I would describe you as a very modern and emancipated young woman. The article in Generalanzeiger Bonn portrays you like this too. Do you agree on this? Or would you describe yourself differently? 

Haha! That’s certainly nice to hear and I wouldn’t like to object to it at all. Moving around at a young age, experiencing different schools, different languages and people, losing friends constantly, being torn apart from your loved ones and being raised by values very different from one another leaves you in an identity crisis at some point. You start questioning things and it’s no fun when you’re a child. But if you manage to figure out who you are and build a solid character, you become almost unchangeable. You care less about what people think and believe that you should live life your own way and under your own circumstances or else you’ve just failed. This has been the case for me. I believe in what I believe and fight for it with all my strength. I don’t know how modern I am or what are the criteria that one would need to fit within that group, but I’m certainly not a woman who follows conventions for the sake of them. I believe it’s an obligation of mine to break unnecessary barriers and stereotypes even if I have to pay a price for them, if not it will be my children who would have to put up with it. And it’s certainly not what I want.

(Interview conducted by Linn Kaßner)

 

Als Studentin im Iran – Bericht einer kleinen Reisegruppe

Anmerkung: Zum Vortrag von Prof. Piasecki auf der Deutschkonferenz 2016 in Teheran Ende Mai begleiteten ihn 4 Studierende des Studiengangs „Soziale Arbeit / Religions- und Gemeindepädagogik“ des 2. und 8. Semesters mit finanzieller Unterstützung der CVJM-Hochschule. Eine der Teilnehmerinnen schildert hier ihre Erlebnisse.

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Erster Eindruck

Erzählt man in seinem Bekannten- oder Familienkreis, dass man in den Iran fährt, ist die häufigste Reaktion eigentlich ein entgeistertes „Warum?!“ oder ein entsetztes „Bist du verrückt?!“. Zumindest ist das unsere Erfahrung. Genaue Gründe über diese Gefühle können die Wenigsten nennen, aber es prasseln erst einmal viele Vorurteile darüber, wie der Iran denn sein soll, oder was man schon mal in den Nachrichten darüber gehört hat, auf einen ein. Für uns ein Grund mehr, uns das Land selber anzugucken und uns unsere eigene Meinung darüber zu bilden.

Irgendwie gehen die Warnungen einem ja doch nicht aus dem Kopf, wenn man in den Flieger steigt. Insbesondere ich als Frau kann sagen, dass die Aussicht ohne Kopftuch in Deutschland in den Flieger ein- und mit Kopftuch im Iran aus dem Flieger auszusteigen, das Land weit weg erscheinen lässt. Und nicht nur kulturell. Wir waren alle überrascht, dass wir nach neun Stunden Flug, inklusive Umstieg in Istanbul, in diesem in unseren Gedanken so fernen Land angekommen waren.

 

Die Stadt

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Wir hatten das Glück, in den Sonnenaufgang zu fliegen, also Teheran bereits im Hellen um sechs Uhr zu sehen. Was wir aus dem Flieger erkennen konnten waren wenig grüne, vor allem sandfarbene Flächen, die doch sehr an Wüste erinnerten.

Als wir aus dem Flughafen kamen (ich erwähne hier noch einmal bewusst, dass wir um sechs Uhr morgens angekommen sind), waren es draußen bereits an die 30°C im iranischen Frühling und ein buntes Treiben an Menschen.

Auf der Fahrt Richtung Stadt ist uns besonders die Bergkette aufgefallen, die eigentlich der markanteste Teil Teherans ist, da sie von überall, auch aus der Stadt, zu sehen ist. Außerdem befindet sich dort im Winter ein riesiges Skigebiet (Ja, in Teheran gibt es Winter mit Schnee! Von wegen da gibt es keine Jahreszeiten und es ist alles nur Wüste).

Das Erste, was uns bei der Einfahrt in die Stadt begrüßte war ein riesiges Gemälde auf einer Hauswand von der amerikanischen Flagge, deren Sterne durch Totenköpfe ersetzt worden waren und deren Streifen in fallenden Bomben endeten und „Down with the USA“ in großen Buchstaben. Ein Überrest aus anderen Zeiten, den ich hier nicht erwähne um Angst vor dem Iran zu machen. Denn diese bemalte Hauswand war, im Gegensatz zu ihrer Botschaft (ausgenommen hier das Gebäude der ehemaligen amerikanischen Botschaft) kein Einzelfall. Das Stadtbild Teherans ist geprägt von verschiedenen Wandmalereien, die die Häuser zum Leben erwecken. Mal sind es gefallene Soldaten aus dem Iran-Irak-Krieg, dann sind es Bilder von berühmten iranischen Dichtern oder Imamen, mal sind es Landschaften. Guckt man jedoch etwas genauer in die kleineren Straßen, dann sieht man dort häufig halbverfallene Häuser, in denen unten noch ein Geschäft betrieben wird, während das Haus oben schon verfällt. Die Stadt verändert sich und es wird viel gebaut, wobei auch hier unterschieden werden muss, ob noch gebaut wird, oder ob es eine Baustelle ist, die seit Jahren brach liegt, aber nicht abgebaut wird.

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Besonders aufgefallen sind uns auch die Geschäfte. Hier gibt es Obst- Gemüseläden, in denen sich die Wassermelonen bis an die Decke stapeln, Fleischgeschäfte in denen Schafthälften hängen und in deren Fenster sich die gerupften Hühnchen stapeln, oder Läden die mit Nüssen und Gewürzen gefüllt sind, und in denen alles zu finden ist, was das Herz begehrt. Besonders sind auch die kleinen Stände an der Straße, mal Feuerzeuge oder Schuhe, häufig eine kleine Feuerstelle, auf der Maiskolben frisch gegrillt werden.

Guckt man genauer, ist Teheran alles andere als grau. Ja, die Straßen sind staubig und die Luft voller Abgase, aber es gibt unendliche viele Gärten und Parks in denen man sich entspannen kann und in denen immer ein Teich oder Brunnen zu finden ist. Anders als in Deutschland sind hier aber nicht nur Bänke zum sitzen sondern auch Sportgeräte aufgebaut, an denen, wie in einem Outdoor-Fitnessstudio, verschiedene Muskelbereiche trainiert werden können.

So wie bei uns die Kirchen das Landschaftsbild prägen, sind es im Iran die Moscheen, die häufig reich mit Mosaiken und farbige Kuppeln verziert sind. Aber es gibt im Iran auch Kirchengebäude. Diese sind weniger prunkvoll, aber trotzdem öffentlich in der Stadt zu sehen und nicht versteckt (in Teheran gibt es sogar ein Viertel, in dem nur Christen leben und ein Viertel in dem nur Juden leben. In dem christlichen Viertel gibt es sogar einen Park, in dem die Frauen sich ohne Kopftuch aufhalten dürfen, allerdings müssen sie für den Zutritt in den Park ihren Ausweis zeigen, damit festgestellt werden kann, ob es sich wirklich um Christen handelt).

img_3186Glücklicherweise war eine der ersten Dinge die wir getan haben, Milad-Tower, den Fernsehturm von Teheran, zu besuchen. Erst wenn man oben auf der Aussichtsplattform dieses Turms steht, kann man erahnen, wie riesig Teheran wirklich ist. Denn was man nahezu vergeblich sucht sind Hochhäuser. Teheran ist eine Flächenstadt und die Ausmaße werden erst an diesem Ort sichtbar.

 

Der Verkehr

img_2282Wenn man der Meinung ist, der Verkehr sei in Italien oder Frankreich schlimm, dann hat man sich geirrt. Zuerst einmal ist es völlig egal ob man sich anschnallt oder nicht. In manchen Taxis gibt auf der Rückbank nicht mal Gurte. Es ist auch egal, ob man versucht mit sieben Leuten in einen Fünfsitzer zu steigen. Eventuell muss man bei einem Taxi etwas Aufpreis zahlen, wegen der Achsenbelastung. Aber wer sich letztlich wie und wo auf wen setzt und quetscht ist egal (mit sieben Leuten in einem Auto braucht man auch keinen Gurt mehr…). Ähnliches gilt für Motorradfahrer. Wenige besitzen einen Helm und wenn sie das tun, tragen die wenigsten ihren Helm. Eher hängt er dekorativ am Lenker.
Außerdem ist es völlig normal auf dem Motorrad zu telefonieren (im Auto selbstverständlich auch) oder vierköpfige Familien zu transportieren (die Kinder werden in dem Fall von den Eltern gerahmt, damit sie nicht runterfallen). Das als kurze Schilderung der Ausgangslage im Fahrzeug.

img_2045Die Straßenbemalung in Teheran scheint eher dekorative Zwecke zu haben, da sich ein Fahrzeug in den seltensten Fällen innerhalb dieser Spurenbemalung bewegt. Vielmehr fährt man auf einer dreispurigen Straße zu viert oder fünft nebeneinander, gemeinsam mit allen in eine Kreuzung und verständig sich durch Hupen. Wobei dieses warnende, beschwerende, entschuldigende oder grüßende Funktion haben kann. Wer den Film „Taxi Teheran“ gesehen hat, kann sich in etwa vorstellen was wir hier beschreiben, muss sich aber auch enttäuschen lassen, denn der Verkehr ist im tatsächlichen Leben noch deutlich härter und voller.

Ist ein Auto neu, wird die Plastikhülle auf allem gelassen, wo sie nicht direkt stört. Also den Sonnenblenden und den Sitzbänken.

img_2438Die obere Beschreibung lässt vielleicht schon anmuten, dass auch Ampeln oder Zebrastreifen nicht wirklich beachtet werden. Das stellt insbesondere für Fußgänger eine Herausforderung dar, denn wer in Teheran die Straße überqueren will, muss dies ähnlich wie die Autos tun: Einfach gehen und darauf vertrauen, dass die Fahrer schon halten werden. Wir haben uns hierbei ein Vorbild an unseren iranischen Freunden genommen, die uns teilweise tatsächlich an die Hand genommen haben, um uns über die Straße zu führen. Der Trick (wenn es sowas denn gibt) ist, die Straße nicht schnell zu überqueren, sondern so langsam, das die Autos Zeit haben zu bremsen, hinter einem lang zu fahren oder aber man selber die Möglichkeit hat stehen zu bleiben bevor das nicht bremsende Auto einem über die Füße fährt.
Wer nicht selber Auto fahren möchte, oder keins hat, kann auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen. Taxis sind sehr beliebt und vom Preis her nicht zu vergleichen mit deutschen Taxis. Allerdings haben wir herausgefunden, dass es für jemanden, der nicht persisch spricht sehr schwierig sein kann, mit dem Taxi am gewünschten Ort anzukommen. Denn, auch anders als in Deutschland, steigt man nicht einfach in irgendein Taxi, nennt das Ziel und lehnt sich zurück, sondern es gibt Taxilinien, wie beim Bus. Das heißt also, dass man erst nachfragen muss, ob der Fahrer in die Richtung fährt oder nicht. Entsprechend kann das auch bedeuten, dass man nicht alleine in dem Taxi fährt, sondern dass Leute während des Wegs zu- und aussteigen. Eine andere Möglichkeit sind auch private Autofahrer, die sich auf ihrem eigenen Weg schnell etwas dazuverdienen, indem sie nachfragen, ob man mitgenommen werden möchte. Wir sind uns mittlerweile nicht mehr sicher in wievielen Taxis und in wievielen Privatautos wir gefahren sind.

Alternativ zu den Taxis gibt es dann noch Busse und (U-)Bahnen. Die Besonderheit ist hier, dass es extra Frauenabteile gibt, in die Männer keinen Zutritt haben. Bei der U-Bahn sind dies automatisch das Vorderste und das Letzte Abteil. Außerdem kann man auch in der U-Bahn alles mögliche kaufen. Von Socken und Schuhen bis hin zu Kopftüchern und Makeup wird alles von den Verkäufern in der Bahn angepriesen. Wir waren besonders dankbar für die Wasserflaschen, die gefroren aus großen Plastiksäcken verkauft wurden.

 

Die Menschen

Es gibt nicht ein Wort, dass die Menschen im Iran beschreibt. Aber etwas, das man auf jeden Fall mit ihnen untrennbar verbindet ist Gastfreundschaft. Und zwar in einem solchen Ausmaß, dass es manchmal nahezu gefährlich auf dem dünnen Seil zum Unangenehmen tänzelt.

Ist man bei Iranern zu Gast, was ja nun einmal der Fall bei uns war, auch wenn wir im Hotel übernachtet haben, dann versuchen sie dich zu beschützen wie ihren Augapfel und man wird behandelt und verwöhnt wie sonst vermutlich nur Adlige. Seien wir ehrlich, was Gastfreundschaft angeht, können alle noch einmal bei den Iranern in die Lehre gehen.

Als Gast im Iran trifft man auf viele herzliche Menschen, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr letztes Hemd für einen geben würden. Selbst in einer Gruppe von vier Studierenden die selber nur mit Studierenden unterwegs waren, wurde uns kaum erlaubt Geld für die Taxifahrten zu zahlen, oder eigenes Essen zu bezahlen. Von einem Freund (Sadeq) aus der What’sApp-Gruppe wurde mir das so erklärt: In dem Moment wo man Gast bei einer iranischen Familie ist, wird man zum Teil dieser Familie. Sie sehen sich in der Verantwortung für ihren Gast und würden sich niemals verzeihen, wenn dir etwas zustößt, während du bei ihnen bist. Aus diesem Grund waren wir auch niemals alleine unterwegs. Es waren immer mindestens zwei unserer Freunde bei uns, die sicher gestellt haben, dass es uns gut geht. Man kann sich auf jeden Fall sicher sein, dass man niemals alleine unterwegs ist, denn wenn die Gastgeber selber nicht können sollten, dann sorgen sie dafür, dass irgendjemand anders, den sie kennen, sich um Dich kümmert.

Das ist überhaupt nichts Schlechtes. Ganz im Gegenteil, da nur wenige Iraner flüssig Englisch sprechen, waren wir mehr als dankbar unsere persönlichen Tour Guides zu haben, die uns sicher von einem Ort zum nächsten gebracht haben und für die wir auch keine Last zu sein schienen.

Schwierig wird die Gastfreundschaft in dem Moment, wo man als Gast nicht mehr darüber informiert wird, über das was passiert. Wir haben häufiger erlebt, dass Telefonate während der Fahrt geführt wurden, die selbstverständlich niemand von uns verstanden hat und wir als letztes über Planänderungen informiert wurden, weil unsere Freunde einstimmig der Meinung waren, dass ihr Beschluss besser für uns sei, als der Originalplan. Ich will hier nochmal betonen, dass das nicht aus böser Absicht heraus passiert. Ganz im Gegenteil. Aber da unsere Kultur diesbezüglich komplett anders ist, war gerade das recht schwer für uns zu akzeptieren. In dem Moment, wo man aber weiß, worauf man sich einlässt, ist es die wunderbarste und herzlichste Nation, die ich bisher kennenlernen durfte.

Aber nicht nur die Gastgeber sind an einem interessiert. Für uns alle war es eine sehr wertvolle Erfahrung als offensichtlich Fremde in einem anderen Land unterwegs zu sein. Genauso sehr wie in Deutschland Frauen mit Kopftuch, oder dunkelhäutigere Menschen auffallen, fallen wir im Iran auf. Im Prinzip steht uns „Ausländer“ quer auf die Stirn geschrieben, egal ob man als Frau Kopftuch und Manto trägt oder nicht (übrigens mit Sicherheit eine bereichernde Erfahrung für jeden, mal auf der anderen Seite zu stehen). Da die Iraner (noch) nicht an Touristen gewöhnt sind, machen sie auch keinen Hehl daraus, dass sie die Fremden angucken. Aber auch hier nicht bösartig. Ganz im Gegenteil, wir haben erlebt, wie Iraner uns laut aus den Autos „Hello“ zuriefen und wie wildfremde Menschen auf der Straße mit uns ein Gespräch angefangen haben, indem irgendwann die unvermeidliche Frage aufkommt: „Was denkst du über den Iran“. Auch diese ist nicht bösartig gemeint. In einem Land, dessen Ruf in der westlichen Welt durch die Medien so negativ ist, scheinen die Menschen froh zu sein über jeden, der die Reise trotzdem in ihr Land antritt. Und wir alle konnten die Frage immer mit „Wir lieben unsere Zeit hier, das Land ist wunderschön!“ beantworten.

 

Das Nachtleben

Bedenkt man die Temperaturen, die tagsüber in Teheran herrschen, ist es eigentlich kein Wunder, dass mit dem Einbruch der Dämmerung das Leben in den Parks anfängt zu toben.

Während es tagsüber zu heiß ist um Sport zu treiben, haben wir Abends im Laleh-Park Jogger getroffen, Tischtennisspieler und Volleyballer. Im Iran gibt es eine Art „Sittenpolizei“, die tagsüber umherfährt und überprüft ob sich in den Parks und auf den Straßen heimlich Pärchen treffen oder ob Frauen gegen die Kleiderordnung verstoßen (auch das betrifft übrigens nur die iranisch-muslimischen Bürger. Bei einem Verstoß gegen die Regeln der Sharia darf diese Polizei weder Christen noch Touristen zur Rechenschaft ziehen). Da diese aber nur bis 18h im Einsatz ist, war es auch hier völlig selbstverständlich, dass die Frauen zum Volleyballspielen ihre Kopftücher abgelegt haben.

Generell scheint es fast so, als ob das Leben im Iran erst Nachts richtig losgeht. Bis drei Uhr früh noch im Restaurant zu sitzen oder im Park zu Picknicken ist absolute Normalität. Übrigens auch für die Kinder, die, egal in welchem Alter, nachts noch durch die Parks und Restaurants springen.

img_2125Etwas, dass uns emotional aufgewühlt und nachdenklich gemacht hat, waren die Kinder, für die die Arbeit erst Nachts um 11h anfängt, wo sie an der großen Hauptstraße die Scheiben der Autos putzen, die dort aufgrund von zu viel Verkehr oder roten Ampeln halten müssen. Außerdem versuchen sie selbstgemachte Dinge an Autofahrer und Passanten zu verkaufen. Alleine die Tatsache, dass Kindern arbeiten müssen ist schlimm genug, aber das auch noch Abends und an einer so gefährlichen Stelle hat uns alle bewegt. Da wir an der Stelle die Straße kreuzen mussten, haben die Kinder versucht auch uns ihre Sachen zu verkaufen, wobei uns von unseren iranischen Begleitern heftigst davon abgeraten wurde ihnen Geld zu geben (tatsächlich handhaben es viele von ihnen so, dass sie für diesen Fall immer ein paar Kekse oder anderes Knabberzeug im Auto haben, was sie an die Kinder statt Geld und ohne Dienstleistung geben können). Diese Situation hat uns gezeigt wie wichtig die Arbeit der Imam Ali’s Student Popular Relief Society ist, denn keines der Kinder die wir getroffen haben, war dumm. Ganz im Gegenteil, sie waren klug und haben quasi auf ihre Art mit uns gespielt, indem sie uns durch unsere Begleiter herausgefordert haben persisch zu sprechen. Ich glaube, die leuchtenden Augen der Kinder, die fasziniert den vier Brocken persisch gelauscht haben, die wir in der Zeit gelernt haben (Hallo, Danke, Bitte, Tschüss), sind nicht nur mir in Erinnerung geblieben.

 

Abschluss

img_2290Der Iran ist ein faszinierendes Land, das auf der einen Seite (kulturell), so weit weg ist, und auf der anderen Seite (Entfernung) so nah. Selbstverständlich gibt es Dinge, die im Iran kritisch betrachtet werden müssen, aber ganz ehrlich – in welchem Land gibt es die nicht? Wir können nach unseren Erfahrungen nur dazu ermutigen sich selbst eine Meinung über dieses wunderschöne Fleckchen Erde mit seinen einmaligen herzlichen Menschen zu bilden, und zwar nicht über Texte und Dokumentationen, sondern durch einen tatsächlichen Besuch dort. Und wen von den Frauen das Kopftuch abschreckt: ganz ehrlich – so schlimm ist das gar nicht. Ganz im Gegenteil, es ist ein idealer Sonnenschutz und war in den 50er Jahren sogar mal schick! Sich deswegen davon abhalten zu lassen eine so reiche und alte Kultur zu besuchen, so lange sie noch nicht zu einem weiteren touristenüberlaufenen Ort geworden ist, ist meiner Meinung nach ein vorgeschobener Grund, der vielleicht doch nur Bedenken kaschiert.

(Linn Kaßner)